Staustudie: Alternative Mobilitätskonzepte sind unverzichtbar

München, 07.02.2018.

INRIX veröffentlichte kürzlich seine 2017 Traffic Scorecard. Die Analyse umfasst das Stauaufkommen in 1.360 Städten in 38 Ländern und damit fast 300 Städte mehr als in der letztjährigen Studie. 

Verglichen mit den staureichsten Städten der Welt verbringen deutsche Autofahrer einen relativ hohen Anteil der Zeit im Stau. Bild: pixabay

Deutschland belegt im weltweiten Vergleich der verkehrsreichsten entwickelten Länder Platz 11 und landet europaweit auf Platz vier. Autofahrer verbringen hier zu Stoßzeiten pro Jahr durchschnittlich 30 Stunden im Stau. Die durch Staus entstandenen Gesamtkosten liegen bei 80 Milliarden Euro, pro Fahrer ergibt das einen Durchschnitt von 1.770 Euro pro Jahr.

In Deutschland analysiert die Traffic Scorecard 2017 die Verkehrslage von 73 Städten und großen Ballungsräumen, elf mehr als im Jahr 2016. München führt das Ranking zum zweiten Mal in Folge an und ist damit auch 2017 die verkehrsreichste deutsche Stadt. Autofahrer steckten hier während der Stoßzeiten durchschnittlich 51 Stunden im Stau fest, vier Stunden mehr als im Jahr 2016. In München entstanden dadurch Kosten in Höhe von 2.983 Euro pro Fahrer im Jahr, auf die Stadt gerechnet summiert sich der Betrag auf 2,9 Milliarden Euro. Eine Ursache für den Anstieg ist die relativ hohe Anzahl von Baustellen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten, wie zum Beispiel am Sendlinger Tor und am Thomas-Wimmer-Ring.

Dramatischsten Anstieg in Hamburg und Berlin

In Hamburg, 2017 auf Rang 2 gelistet, stieg die Zahl der pro Fahrer im Stau verbrachten Stunden von 39 auf 44, in Berlin von 38 auf 44. Das führte zu enormen Kosten in beiden Städten, 6,9 Milliarden Euro pro Jahr in Berlin und 3,5 Milliarden in Hamburg. Auch hier liegt ein Zusammenhang mit Bauprojekten nahe, die zur Instandhaltung und Verbesserung der Infrastruktur durchgeführt wurden, wie etwa die Renovierung des Wallringtunnels in Hamburg oder die Ausbesserung der Fahrbahnbeläge auf der A113 und A100 in Berlin.

In Stuttgart blieb die Zeit, die Autofahrer im Stau verbrachten, gleich, sie lag auch 2017 bei 44 Stunden pro Fahrer. Die dadurch entstandenen Kosten lagen mit 2.386 Euro pro Fahrer um 150 Euro über dem Vorjahreswert. Damit stieg die Summe der Kosten für alle Autofahrer in Stuttgart  um fast 250 Millionen Euro auf 918 Millionen Euro pro Jahr.

Gegenmaßnahmen in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hat sein Budget für Maßnahmen zur Erhaltung der Straßenqualität erhöht, daher konnten zwischen 2011 und 2016 über 1.000 Kilometer Bundes- und Landesstraßen verbessert werden. Vor allem im baden-württembergischen Heilbronn sind große Verbesserungen zu verzeichnen, dort fiel die durchschnittlich im Stau verbrachte Zeit von 45 auf 38 Stunden pro Jahr. So konnte sich Heilbronn vom zweiten auf den siebten Platz im Deutschland-Ranking verbessern. Den wahrscheinlich größten Effekt hatten hier der Abschluss vieler Bauprojekte im Vorfeld der „BUGA 2019“ sowie die Eröffnung der Karl-Nägele-Brücke im Juli 2017.

Die 10 verkehrsreichsten Städte und Ballungsräume Deutschlands

Rang

(Vorjahr)

Stadt

Wartezeit im Stau in Stoßzeiten in Stunden (Vorjahreswert, Veränderung)

Durchschnitt-liche Staurate

Gesamtkosten pro Fahrer

Gesamtkosten für Stadt

1 (1)

München

51 (47, +5%)

16%

€ 2.984

€ 2,9 Mrd

2 (5)

Hamburg

44 (39, +8%)

14%

€ 2.646

€ 3,5 Mrd

3 (6)

Berlin

44 (38, +10%)

14%

€ 2.811

€ 6,9 Mrd

4 (4)

Stuttgart

44 (44, -5%)

13%

€ 2.386

€ 918 Mio

5 (8)

Ruhrgebiet

40 (35, +11%)

10%

€ 2.129

€ 2,2 Mrd

6 (3)

Köln

40 (45, -13%)

11%

€ 2.107

€ 1,4 Mrd

7 (2)

Heilbronn

38 (45, -19%)

14%

€ 2.317

€ 154 Mio

8 (7)

Frankfurt

36 (38, -9%)

10%

€ 1.820

€ 906 Mio

9 (11)

Würzburg

35 (33, +4%)

14%

€ 2.382

€ 241 Mio

10 (13)

Karlsruhe

34 (29, +14%)

12%

€ 2.166

€ 468 Mio

 

 

„Staus kosten die Deutschen 80 Milliarden Euro pro Jahr, bedrohen das Wirtschaftswachstum und beeinträchtigen die Lebensqualität“, sagt Dr. Graham Cookson, Chef-Volkswirt bei INRIX. „Die Stadtplaner investieren jedes Jahr Milliarden, um das Straßennetz in Stand zu halten und zu verbessern. Wie der Erfolg beispielsweise in Baden-Württemberg zeigt, führen diese Maßnahmen zu spürbaren Verbesserungen. Aber das Verkehrsaufkommen nimmt stetig zu, und um künftige negative Folgen auf die Wirtschaft zu verhindern und die Mobilitätsherausforderungen zu meistern, müssen wir in intelligente Verkehrssysteme investieren.“

„Es zeigt sich deutlich, dass die zunehmenden sanierungsbedingten Baumaßnahmen partiell zwar Verbesserungen mit sich bringen, insgesamt die Stauproblematik kurz- bis mittelfristig jedoch verschärfen. Der Fluch der guten Tat! Daher müssen sich die Städte auch für alternative Mobilitätslösungen öffnen. Die immer detaillierter werdende Datenbasis und die daraus resultierenden Ergebnisse sind ein wichtiges Hilfsmittel für die Städte, ihre Maßnahmen zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen, was aufgrund eigener Datenerhebung so nicht möglich wäre,“ sagt Professor Michael Schreckenberg, Verkehrsexperte an der Universität Duisburg-Essen. Quelle: INRIX

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