Projekt SMITH stellt erste Hardwarekomponenten vor

Bremen, 15.05.2013

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsvorhabens SMITH (Energieeffiziente Supply Chain-Steuerung Mittels Expertensystemen zur Identifikation von und Reaktion auf Ereignisse bei passiv temperaturgeführten Transport- und Handlingsprozessen) hat das Projektkonsortium nun erste Hardwarekomponenten aus projektspezifischer Eigenentwicklung vorgestellt.

Abbildung eines in SMITH verwendeten Multisensors. Bild: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL)

Das Projekt, das vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) koordiniert wird, startete im Sommer 2011 und hat noch eine Laufzeit bis September 2013. Neben dem ISL wirken am Projekt die Unternehmen Aleris Recycling (German Works) GmbH, die scemtec Sensor Technology GmbH, die Smart-TEC GmbH & Co. KG sowie das Institut für Distributions- und Handelslogistik (IDH) des Vereins zur Förderung innovativer Verfahren in der Logistik (VVL) e. V. als Verbundpartner mit.

Hintergrund von SMITH sind temperaturgeführte Warenströme wie etwa tiefgekühlte oder gekühlte Lebensmittel, Pharmaerzeugnisse, Chemikalien oder Flüssigteer und Flüssigmetall im Hochtemperaturbereich. Ein Teil dieser Transporte wird mit einer aktiven Temperaturführung, ein anderer Teil mit einer passiven Temperaturführung durchgeführt. Die passive Temperaturführung erfolgt ohne Kühlung oder Erwärmung mittels Aggregaten, die Ware darf sich nur innerhalb eines bestimmten Temperaturspektrums während des Transportes abkühlen oder erwärmen.

Das Projekt fokussiert nun stellvertretend am Beispiel der Aleris Recycling und den hier durchgeführten Transporten von Flüssigaluminium die Problematik der passiven Temperaturführung. Das flüssige Aluminium muss so erhitzt sowie der entsprechende Transportbehälter so vorgeheizt werden, dass die Anlieferung beim Kunden in der richtigen Verarbeitungstemperatur erfolgt. Das Einstellen beider Temperaturen durch die Verlader erfolgt dabei oftmals erfahrungsbasiert, wobei Daten wie die Art der Legierung, die Transportdauer und der Zustand des Transporttiegels oder Wettereinflüsse wie die Außentemperatur, Windgeschwindigkeit und Niederschlagsdichte berücksichtigt werden. Um die notwendige Verarbeitungstemperatur bei Anlieferung nicht zu unterschreiten, werden die Aluminiumschmelze und die Transportwarmhaltetiegel allerdings häufig über das notwendige Maß hinaus erhitzt. Dieses führt zu einer negativen Energieeffizienz, wie sie sich oftmals bei passiv temperaturgeführten Transporten darstellt.

Das Ziel von SMITH ist daher die Verbesserung der Energieeffizienz von passiv temperaturgeführten Transporten im Niedrig- und Hochtemperaturbereich - zunächst am Beispiel des Transports von Flüssigaluminium. Dazu wird ein Expertensystem entwickelt, das Verladern und Logistikdienstleistern bei ihrer Entscheidung über die Ausgangstemperatur der zu transportierenden Waren unterstützt. Die Software prognostiziert dazu die Ankunftstemperatur anwendungsspezifisch auf Basis aktueller Einflussfaktoren wie Stoffeigenschaften, Transportverhältnissen und Wetterbedingungen und gibt eine entsprechende Empfehlung zur Einstellung der Ausgangstemperatur. Zur Konfiguration des Expertensystems wurde als Hardwarekomponente nun ein multisensorisches Gerät aus projektspezifischer Eigenentwicklung vorgestellt, das Realdaten bei den passiv temperaturgeführten Transporten von Aleris Recycling sammelt.

Das neu entwickelte System besteht aus einer Funkzentrale, die im Frequenzbereich um 868-MHz Sensorsignale eines kabellosen On-Board-Sensornetzes empfängt. In der ersten Ausbaustufe werden Umweltdaten wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit und Ladegut-Temperatur erfasst und gespeichert. Weitere Messgrößen sind problemlos adaptierbar, da das Sensornetz modular aufgebaut und erweiterbar ist. Die Funksensoren sind sehr robust aufgebaut, vollständig vergossen und so gegen alle störenden Umwelteinflüsse wie Vibrationen, Regen, Spritzwasser, Temperaturschwankungen und mechanische Stöße geschützt. Sie sind daher insbesondere für den rauen Betrieb an allen Transport- und Nutzfahrzeugen geeignet. Die verwendeten Funksensoren beziehen ihre Betriebsenergie aus einer Lithium-Thionchlorid-Batterie, die einen weiten Temperaturbereich (-20 °C bis +70 °C) bei sehr geringer Selbstentladung unterstützt. Damit sind Batteriestandzeiten von mehreren Jahren problemlos möglich. Das Funknetz selbst ist in dem störsicheren und lizenzfreien 868-MHz-ISM-Band angeordnet. Zur robusten Datenübertragung im praktischen Fahrbetrieb verfügen alle Funkteilnehmer über so genannte Diversity-Antennen, um möglichen Funklöchern entgegenzuwirken. Die Funkzentrale ihrerseits ist modular aufgebaut und enthält sowohl einen Datenlogger zur lokalen Speicherung der Sensordaten als auch jeweils ein GPS-/GSM-Modul zur Übertragung und Überwachung der Messdaten auf einem Internet-Server. Auf diesem sind Algorithmen zur Überwachung der Messwerte gespeichert, die bei Überschreiten programmierter Grenzwerte einen Alarm auslösen und z.B. auf ein Smartphone übertragen. Dieses System erlaubt erstmalig die lückenlose Überwachung aller Messdaten des beschriebenen Sensornetzes. Die Abfrage des LKW-eigenen CAN-Bussystems erweitert die verfügbaren Messdaten um die fahrzeugspezifischen CAN-Messwerte und komplettiert das mobile Sensorsystem zu einem mit beliebigen Messgrößen erweiterbaren Telematiksystem im Bereich Transport / Logistik.

Aleris als Pilotanwender erwartet nach Einführung des Expertensystems für die deutschen Produktionsstandorte eine positive Veränderung des Energiebedarfs und der damit einhergehenden CO2-Äquivalente. Eine Übertragung der Lösung auf weitere temperaturgeführte Transportsysteme wie etwa bei Lebensmitteln ermöglicht somit abseits von CO2-Zertifikaten Energie- und CO2-Einsparungen und somit einen wichtigen Beitrag der Logistikbranche zum Klimaschutz.

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