Logistik als Treiber des autonomen Fahrens
„Momentan sehen wir die größten Fortschritte bei der Entwicklung autonomen Fahrens innerhalb der Logistik“, erklärt Alexander Heine, Geschäftsführer der CM Logistik Gruppe und Experte für Warenverkehr. „Es lässt sich eindeutig prognostizieren, dass Lkws hier den nächsten Entwicklungsschritt vorantreiben und nicht Pkws.“ Dies geschehe aus dem einfachen Grund der Rentabilität: Im Logistik-Sektor lohnen sich die innovativen Sprünge auch in finanzieller Hinsicht immens.
Definitionssache
Bei der langen Entwicklung hin zum autonomen Fahren ließen sich im wirtschaftlichen wie privaten Sektor bereits einige Etappensiege verzeichnen. „Den Grad der Automatisierung bemessen Automobilindustrie und anhängende Branchen in Level von eins bis fünf“, erläutert Heine. So beginnt die Klassifizierung bereits bei der Verwendung von Tempomaten, Spurhalte- oder Abstandsassistenten – Technologien, die bei Fahrzeugen mittlerweile serienmäßig vorkommen. Doch selbst bei den nachfolgenden Level zwei und drei dürfen Personen niemals den Fahrersitz verlassen und die Augen bestenfalls auf den Verkehr gerichtet halten. „Erst ab Stufe vier, dem vollautomatisierten Fahren, übernimmt das System die komplette Fahrzeugführung“, weiß Heine. „Damit ausgestattete Vehikel können gesamte Strecken von der Autobahn bis zum Parkhaus auch ohne Passagier zurücklegen. Ein 2021 verabschiedetes Gesetz verlangt in Deutschland allerdings eine durchgehende technische Aufsicht durch den Menschen.“
Von der Theorie in die Praxis
Auf humane Kontrollinstanzen soll Level fünf letztendlich in Gänze verzichten – das komplett autonome Fahren wäre erreicht. Zurzeit existiert zwar noch kein marktreifes Modell auf Level vier, doch sieht der Experte den nächsten Fortschritt bereits am Horizont: „Da positive Effekte dieser Technologien vor allem Benefits für Logistikunternehmen bereithalten, ist zu erwarten, dass der nächste Innovationssprung auch aus diesem Bereich kommt.“ Angesprochene Vorteile beziehen sich vorrangig auf die Verkehrssicherheit. Menschliches Fehlverhalten wie falsche Wahrnehmung, Emotionen oder schlechte Tagesform und Übermüdung lässt sich schon von Level-4-Systemen vollständig ausmerzen. Einmal zur Einsatzreife entwickelt, wird die Technik immer eine gleichbleibend hohe Leistung zeigen. „Eine Eigenschaft, die autonomes Fahren insbesondere für die Logistik enorm interessant macht“, so Heine. „Hinter der Technologie steckt ein enormes Effizienzpotenzial. Beispielsweise resultiert alleine aus dem Wegfall von Lenk- und Ruhezeiten und der Möglichkeit genauerer Koordination von Flotten eine enorme Optimierung aller Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette.“
Dystopische Vorstellung, utopische Wahrheit
Intelligente Systeme kommen wie jede andere Innovation auch mit ethischen und moralischen Bedenken im Gepäck. Rufe nach einem Abbau der Belegschaft in Logistikunternehmen lässt Heine allerdings schnell verstummen: „Wir sehen uns in Deutschland einem extremen Fachkräfte- und – speziell im Güterverkehr – horrenden Fahrermangel gegenüber. Momentan existiert in vielen Betrieben gar kein Personal, das überhaupt durch Technologie ersetzt werden könnte.“ Vielmehr ließe sich in Aussicht stellen, dass zum Teil mit Level-4-System ausgestattete Flotten mehr transportieren und dadurch für einen noch stabileren Warenfluss sorgen können. Gleichzeitig gehen Experten davon aus, dass sich die Anzahl der Fachkräfte in Logistikunternehmen nicht verringert, sondern sich lediglich ihr Fokus ändert. „In einer technisierten Welt bleibt sich der Güterverkehr weiterhin seiner Vorreiterrolle bewusst“, fasst Heine zusammen. „Mit autonomem Fahren sichert die Logistik nicht nur den Weg für die sichere Wertschöpfungskette, sondern leistet auch Pionierarbeit für die private Fortbewegung der Zukunft.“ Quelle: CM Logistik