Multimodale Routenplanung für Pendler soll urbanen Verkehr entlasten

Freiburg, 07.11.2019.

Laut einer Studie des US-amerikanischen Verkehrsinformationsdienstes INRIX verloren die Berliner Bürger im Jahr 2018 durchschnittlich 154 Stunden Lebenszeit durch Staus und zähflüssigen Verkehr. Bundesweit gehen so jedes Jahr geschätzt über eine halbe Million Stunden im Wert von viereinhalb Milliarden Euro verloren, und die Umwelt wird mit zusätzlichen 600 Tonnen CO2 infolge des Kraftstoff-Mehrverbrauchs belastet. Einen Ausweg aus diesem Dilemma will das Berliner Startup Zeitmeilen AG mit einem neuartigen digitalen Service aufzeigen. 

Die Zeitmeilen App belohnt flexibles, multimodales Mobilitätsverhalten. Bild: highQ Computerlösungen GmbH

Die Idee: Pendler sollen nicht täglich stur dieselbe Strecke fahren, sondern sich bei ihrer Routenwahl an den individuellen Empfehlungen ihrer Mobilitäts-App orientieren. Die empfohlene Fahrtstrecke kann, trotz identischen Ziels, täglich eine andere sein, oder auch – z.B. bei großflächigen Verkehrsbehinderungen – ein Vorschlag, das Auto auf dem nächsten Park-and-Ride-Platz abzustellen und mit der U-Bahn weiterzufahren. Wer der Empfehlung folgt, soll in jedem Fall schneller und entspannter an sein Ziel kommen, und auch die Stadt insgesamt profitiert, indem der Verkehrsfluss zeitlich und räumlich entzerrt und auf die vorhandene Infrastruktur verteilt wird.

Für jeden Teilnehmer ermittelt Zeitmeilen eine individuelle, staufreie Route zu seinem Ziel. Die Anwendung ist vor allem für Berufspendler gedacht, die regelmäßig gleiche Wegstrecken zurückzulegen haben; mit der Vorhersagefunktion lassen sich jedoch auch neue Wegstrecken zeitlich optimieren. Als Basis für die Zeitmeilen-Empfehlungen dienen die Bewegungsdaten aller Zeitmeilen-Nutzer, die um aktuelle und historische Verkehrsdaten der regionalen Verkehrszentrale ergänzt werden. Auf diese Weise sind valide Vorhersagen möglich, die auf aktuellsten Daten basieren und so auch kurzfristige Einflüsse berücksichtigen. Umgekehrt kann das System auch den Verkehrsbehörden wertvolle Zusatzinformationen liefern, die sie zur Verkehrsbeeinflussung und -optimierung nutzen könnten.

Vorteile gegenüber anderen Routing-Apps

Das System hat Zugriff auf eine umfassende regionale Datenbasis und soll somit auch absehbare Verkehrseinschränkungen, etwa durch künftige Baustellen, bei ihren Empfehlungen berücksichtigen können. Auch werden nicht nur die individuellen Routen einzelner Verkehrsteilnehmer, sondern parallel die Routen aller Zeitmeilen-Nutzer optimiert und so - zumindest nach Angaben der Zeitmeilen AG - die „Schwarmintelligenz“ genutzt. Weiterhin können auch die Interessen des Gemeinwohls Berücksichtigung finden, indem z.B. Ausweichstrecken nicht durch sensible Bereiche wie Wohngebiete oder an Schulen vorbei geführt werden.

Die Anwendung nutzt eine patentierte, DSGVO-konforme Ortung, es werden keine individuellen Bewegungsprofile erstellt. Sämtliche Prozesse laufen anonymisiert und verschlüsselt über deutsche Server und Netze.

Bonuspunkte schaffen zusätzliche Anreize

Um Verkehrsteilnehmer entgegen alter Gewohnheiten auf neue Wege umzuleiten und zu „vernünftigem“ Mobilitätsverhalten zu bewegen, enthält Zeitmeilen zusätzlich ein Belohnungssystem mit Gamification-Komponenten. Wer die Anwendung regelmäßig nutzt und sich an die Routenempfehlungen hält, erreicht nicht nur schneller sein Ziel, sondern kann – als Dankeschön für seine Flexibilität – Bonuspunkte („Zeitmeilen“) sammeln. Diese können später in ideelle, virtuelle oder geldwerte Prämien eingetauscht werden, beispielsweise Gratisparkzeiten oder Einkaufsgutscheine. Das in Zeitmeilen integrierte Incentive-Programm ermöglicht so auch vielfältige Beteiligungsmodelle für die regionalen Mobiltitätsanbieter.

Anwendung im Unternehmen

Auch Unternehmen sollen profitieren können, wenn sie Zeitmeilen für ihre Mitarbeiter einführen. So sollen diese morgens entspannter und pünktlicher zur Arbeit kommen. Zudem lassen sich durch den effizienteren Einsatz von Firmenflotten und die Reduktion von Parkflächen konkrete Einsparungen erzielen. Darüber hinaus kann das Unternehmen durch die aktive Beteiligung seiner Belegschaft am vernünftigen Pendeln seine CO2-Bilanz nachhaltig verbessern.

Belohnungssystem

Auch die Incentivierung kann im Unternehmenskontext sinnvoll eingesetzt werden: Beherzigt ein Mitarbeiter die Empfehlungen der App (z.B. Fahrt außerhalb der Stoßzeiten, Nutzung einer alternativen Strecke) oder fährt ressourcenschonend (z.B. mittels Carpooling, Nutzung von ÖPNV oder Fahrrad), sammelt er Zeitmeilen, die er anschließend gegen eine Prämie eintauschen kann. Zusätzlich können interne Wettbewerbe („Zeitmeiler des Monats“) zur Motivation beitragen. Als Ergänzung zur App gibt es ein Dashboard zur Erfolgskontrolle, dass z.B. in der Betriebskantine platziert werden kann und so weitere Mitarbeiter zum Mitmachen motiviert. Da Zeitmeilen nicht sanktioniert, sondern immer nur positives Mobilitätsverhalten belohnt, sollen auch die Vertreter der Arbeitnehmermitbestimmung und der Gewerkschaften in der Regel keine Vorbehalte gegen eine Einführung solcher Incentivierungsmaßnahmen haben.

Whitelabel-Applikation: Flexible Integration in Mobilitäts-Apps

Inzwischen gehört die Zeitmeilen AG zur Familie des Freiburger Softwareunternehmens highQ, das auf die Entwicklung von IT-Lösungen für den öffentlichen Verkehr und Controlling-Lösungen für Banken spezialisiert ist. Nutzer der von highQ entwickelten Mobilitäts-App mytraQ können die Zeitmeilen-Funktionen daher schon heute in vollem Umfang für die Optimierung von betrieblicher Mobilität nutzen. Darüber hinaus steht Zeitmeilen weiterhin als selbstständige App sowie als Whitelabel-Applikation zur Integration in Routing- und Ticketing-Apps anderer Anbieter zur Verfügung. Ein Beispiel für eine solche Whitelabel-Anwendung ist die multimodale Mobilitäts-App moveBW in Stuttgart. Auch im Unternehmenskontext wurde Zeitmeilen bereits eingesetzt (im Rahmen der Initative SB:digital des Bundesministeriums für Bildung und Forschung). Quelle: highQ Computerlösungen GmbH

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