Interview: Wie profitiert die Reinigungsbranche von der Digitalisierung?

Hamburg, 09.07.2019.

Die BOGDOL Verwaltungs- und Immobilien GmbH ist für die Umsetzung infrastruktureller Dienstleistungen im Norden verantwortlich und seit fast 15 Jahren Kunde der BSS – Business Solution for Services Nord GmbH. Noch vor Microsoft hatte die BSS Nord eine App für die Mitarbeiter von BOGDOL entwickelt, die Daten aus dem ERP-System auf mobile Endgeräte brachte. BOGDOL rief den digitalen Arbeitsvertrag ins Leben und verfolgte das Thema Digitalisierung frühzeitig an vielen Stellen. 

Auch bei der Gebäudereinigung lassen sich Prozesse digitalisieren. Bild: Immortal shots/Pexels

Nun hat BOGDOL den nächsten Schritt getan und mit Marc Andre Reuter einen CDO (Chief Digital Officer) eingestellt, um die Ziele der eigenen Digitalisierung noch konsequenter zu verfolgen. 

Herr Reuter, die Position eines Digitalisierungsbeauftragten ist in der Branche sicher nicht selbstverständlich. Was hat Ihr Unternehmen dazu gebracht, hier aktiv zu werden? 

BOGDOL hat erkannt, dass es wichtig ist, innovativ und strukturiert an die Digitalisierung heran zu gehen. Was als Alleinstellungsmerkmal galt, ist heute als State of the Art anzusehen. Es wird auch zukünftig ein Merkmal sein, um Aufträge zu gewinnen und sich vom Wettbewerb zu unterscheiden. 

Viele Reinigungsbetriebe verstehen unterschiedliches unter Digitalisierung: Apps, Roboter, Prozesse etc. Wie würden Sie Digitalisierung für Ihre Firma definieren? 

Auf der einen Seite sehe ich die weitere Digitalisierung BOGDOL's als Notwendigkeit an. Es ist wichtig für den reibungslosen und strukturierten Ablauf der internen Prozesse. Programme und Apps, die auf einander aufbauen, optimieren Zeit und Kosten. Andererseits wollen wir einen professionellen, kompetenten und modernen Auftritt beim Kunden erreichen. 

Roboter sind ein tolles Tool, um unsere Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen. Wir sind an der Robotertechnologie interessiert und setzen sie schon in einigen Objekten ein. Sie ist aber noch unflexibel und in einigen Belangen nicht ausgereift. Nicht selten scheitert ein Einsatz von roboterunterstützter Reinigung am fehlenden WLAN-Zugang beim Kunden. 

Was wollen Sie langfristig verändern und was können Sie kurzfristig erreichen? 

Langfristig wollen wir Prozesse optimieren und firmenweit eine einheitliche Struktur aufbauen, das heißt auch: mit einer Sprache sprechen. Wir wollen uns von Insellösungen bei Programmen und Abläufen trennen und einen flexiblen Standard schaffen. Kurzfristig geht es darum, alte Strukturen aufbrechen, Bedarfe zu wecken und zu kommunizieren. 

In welchem Bereich sehen Sie in der Digitalisierung die größten Veränderungen auf Ihr Unternehmen zukommen? 

In der internen Verwaltung sehe ich noch den einen oder anderen Bedarf. Hier sind alte Strukturen zu durchbrechen und Innovatoren für Veränderungen zu gewinnen. Die Digitalisierung sollte sich wie ein roter Faden durch alle Geschäftsprozesse und Abteilungen ziehen. Das bedarf guter Planung, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Eine einheitliche, digitale Kommunikation nach außen, z.B. zum Reinigungspersonal, zu unseren Kunden und Lieferanten ist heute Standard. 

Es gibt viele gut funktionierende Tools, die zielgerichtet und auf die Bedürfnisse abgestimmt angewandt werden müssen. 

Das Iot (Internet of Things) sehe ich als große Chance, um unsere Arbeit noch strukturierter und rationeller durchzuführen, es steckt aber meines Erachtens nach noch in den Kinderschuhen. Es wird in den nächsten Jahren viele neue Sensoren, Devices, Apps usw. geben, die auf den Markt kommen und diese Goldgräber Stimmung anheizen werden. 

Das Thema Digitalisierung ist auch innerhalb von Unternehmen nicht immer leicht zu vermitteln. Was tun Sie, um alle Mitarbeiter mitzunehmen? 

Den Beteiligten des Projektes muss mit Feingefühl und Empathie begegnet werden. Es gibt Innovatoren und Skeptiker, also Bremser. Alle Beteiligten sollten gehört werden. 

Viele Reinigungsunternehmen argumentieren, Digitalisierung sei zu teuer und somit dem Endkunden nicht zu vermitteln. Wie sind hier Ihre Erfahrungen und wie kommunizieren Sie digitale Themen an Bestands- und Neukunden? 

Der RoI (Return of Investment) ist bei der Digitalisierung in der Gebäudereinigung schwer messbar, jedoch wird sich die Digitalisierung in Bezug auf Human Resources oder als Qualitätsgewinn oder einfach im Time- oder Cash Back auszahlen. 

Meine Erfahrung: Bei Vertragsverhandlungen mit Neukunden wurde es sehr positiv gesehen, Roboter, digitalisierte Prozesse und Elektromobilität einzusetzen. Dafür zahlen wollte allerdings kaum einer. Umso mehr ist es unsere Aufgabe, den Kunden „abzuholen“ und den Mehrwert für ihn durch den Einsatz digitaler Technik deutlich zu machen. Diese Gespräche können sehr ernüchternd sein und es ist schwer, dem Kunden die Vorteile der Digitalisierung nahe zu bringen, wenn letztendlich nur der Preis zählt. 

Technischer Fortschritt und Digitalisierung könnten die in Deutschland lange stiefmütterlich behandelten Themen „Tagesreinigung“ und der „Bedarfsgerechten Reinigung“ voranbringen. Sehen Sie hier Chancen? 

Der Vorteil der Digitalisierung liegt in dem Fall in der Verfügbarkeit von Daten. Idealerweise sind Leistungsverzeichnisse, Belegungspläne, Raumbücher, Grundrisse, Reinigungspläne etc. digital vorhanden. So kann eine effiziente und bedarfsgerechte Reinigung erfolgen. Es ist aber schwer, solche Daten zu bekommen, da beim Kunden oft keine entsprechenden Daten zur Verfügung stehen und wenn, dann in der Regel nicht in digitaler Form. 

Das Konzept der Tagesreinigung ist für uns Dienstleister vorteilhaft, aber die Akzeptanz der Kunden ist eher gering. Der Kunde will keine Störung der eigenen Arbeitsprozesse und seines Personals am Arbeitsplatz. 

Durch den Einsatz digitaler Medien (z. B. Apps oder Sensorik) wäre es jedoch durchaus möglich, sehr ergebnisorientiert, z. B. bei der Arbeitsplatzreinigung oder in Sanitärbereichen, bedarfsgerecht, also je nach Nutzeraufkommen, die Reinigung dieser sensiblen Bereiche durchzuführen. 

Quelle: Reimund Lepiorz Büro für Redaktion/BSS Business Solutions for Services GmbH

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