Digitalisierung, E-Mobilität und Hyperloop: Revolution der innerstädtischen Logistik

Der urbane Raum ist Inkubator für technologische Innovationen im Bereich Mobilität und Logistik. Bild: Shutterstock

Hamburg, 11.02.2022.

Die urbane Logistik und Mobilität sind zu einem Hotspot für technologische Innovationen geworden. Zwar fehlen häufig noch gesetzliche Regelungen und Infrastruktur, neue Ideen lassen sich davon jedoch nur bedingt bremsen. Wir blicken auf den aktuellen Zustand der Städte: Welche Technologien sind bereits etabliert, welche könnten folgen und wie verändert sich dadurch das Leben privat und geschäftlich?

Designstudie zum HyperPort. Bild: HHLA / Mormedi

Dieser Artikel ist das Titelthema der aktuellen Fachzeitung Telematik-Markt.de. Viele weitere wissenswerte Informationen finden Sie im digitalen ePaper.

 

Die Urbanisierung sorgt seit vielen Jahren für einen steten Bevölkerungszuwachs in Großstädten, während ländliche Regionen immer schwächer besiedelt sind. In einer Untersuchung¹ der UN aus dem Jahr 2018 wird festgestellt, dass 55 Prozent der Bevölkerung sich auf urbane Räume konzentrieren. Bis zum Jahr 2050 soll dies auf 68 Prozent anwachsen. Zum Vergleich: 1950 lebten nur 30 Prozent im städtischen Raum. Die Ursachen sind vielfältig, häufig versprechen sich Menschen in Städten jedoch mehr Möglichkeiten beruflich und privat. Dieser Wandel führt jedoch zu enormen Herausforderungen für Mobilität und Logistik. So verursachen u. a. Verbrennungsmotoren (vorrangig Dieselmotoren) im konzentrierten städtischen Raum einen teilweise gesundheitsgefährdend hohen Stickstoffdioxidwert². Der private Verkehr nimmt immer weiter zu und auch die Warenlieferungen in die Städte werden immer mehr, um die wachsende städtische Bevölkerung zu versorgen. Wie also dem entgegenwirken?

Batterieelektrisch in die Zukunft

Der urbane Raum ist aufgrund kürzerer Strecken und besserer Infrastruktur prädestiniert für E-Mobilität, die daher gerade hier rasant Einzug hält. Mit elektrischen Autos, Rollern, Scootern und Fahrrädern entsteht zusammen mit dem ebenfalls zunehmend elektrischen öffentlichen Nahverkehr ein Mobili- tätsmix, welcher die Schadstoffbelastung in den Städten noch weiter herunterfährt, als es bisher u. a. Dieselverbote konnten. Das International Council on Clean Transportation (ICCT) untersuchte in diesem Jahr die Treibhausgas- Emissionen aktueller Elektroautos und berechnete dazu den kompletten Lebenszyklus inklusive Produktion von Batterie und Fahrzeug, Wartung und Energieverbrauch bei einer Gesamtleistung von ca. 240.000 km in 18 Jahren. Das Ergebnis: Batterieelektrische Fahrzeuge verursachen im europäischen Vergleich zwischen 66-69 Prozent weniger Emissionen als Verbrenner.³

Elektro-Flotten im Stadtverkehr

Noch besser für die Klimabilanz ist natürlich nur der ÖPNV. Und hier wird das das Angebot in immer mehr Städten durch Kleinbusfahrten ergänzt, wie etwa von „Moia“ oder „ioki“. Gebucht werden die komfortablen Fahrten kurz im Voraus via App. Im Anschluss wird man am Wunschort abgeholt und zum Ziel gefahren. Während der Fahrt können auch spontan weitere Gäste aufgenommen und in einer aktualisierten Route eingeplant werden. Die Zahlung erfolgt kontaktlos in der App, dabei liegen die Kosten zwar über denen einer Busfahrt, aber auch unter einer Taxifahrt.

Auch gewerbliche Flotten setzen immer mehr auf E-Mobilität – insbesondere die Deutsche Post DHL Group und amazon investieren Milliardenbeträge in elektrische Lieferfahrzeuge. Auch einige Telematik-Anbieter haben diesen Trend rechtzeitig erkannt und ermöglichen die spezifische Einbindung von Elektrofahrzeugen im Flottenmanagement. Neben den grundlegenden Positionsdaten werden bereits Fahrzeugdaten gesammelt, die natürlich anders aussehen und verwertet werden müssen als bei Verbrennern. So müssen ein Batteriezustand erfasst und Reichweiten sowie Ladestationen in der Route berücksichtigt werden. Beim Telematik Award 2020 wurde eine solche Lösung in der Hauptkategorie prämiert.

Telematik Award 2022

Übrigens: Zum Telematik Award 2022 wird natürlich auch Elektromobilität wieder ein großes Thema sein. Der Einreichungsstart erfolgt am 15.04.2022. Weitere Informationen erhalten Sie auf Telematik-Markt.de.
 

Autofreie Innenstädte

Auch E-Autos sind Autos. Ein Wechsel der Antriebsart hilft somit zwar der Umwelt, aber nicht gegen das Verkehrschaos. Immer häufiger kommt daher das Thema der autofreien Innenstädte auf, wie sie beispielsweise in Oslo bereits funktioniert. Die letzte Meile in der Zustellung muss dann von anderen Flotten übernommen werden, wie zum Beispiel Cargobikes. Die Lastenräder sind ein fast schon virales Thema mit bereits heute vielen Herstellern und Lösungsanbietern. Auch Telematik-Anbieter haben schon spezifische Flottenmanagementsysteme für Cargobikes entwickelt. Eine weitere Möglichkeit sind autonome Zustellroboter, wie sie beispielsweise von Hermes und Domino‘s in Hamburg oder von amazon in vier US-Städten getestet werden. Die durchaus putzigen kleinen Lieferroboter übernehmen die Zustellung von kleinen Paketen auf kurzen Strecken und fahren vollständig autonom. Empfänger*innen identifizieren sich gegenüber dem Roboter via App und erhalten daraufhin Zugriff auf die Ware. Die Lieferungen erfolgen von Logistik-Hubs und Filialen aus, welche wiederum von E-Fahrzeugen beliefert werden können.

Mit 600 km/h im Hyperloop

Auch der Transport von Stadt zu Stadt befindet sich im Wandel. Es fahren die ersten Elektro-Lkw auf den Autobahnen – auf Teststrecken sogar mit Oberleitungen. Seitens der Bundesregierung wünscht man sich aber auch eine Stärkung des Güterverkehrs auf der Schiene. Das interessanteste Projekt ist hingegen das Hyperloop-Konzept für Hamburg von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und Hyperloop Transportation Technologies (HyperloopTT). Mit bis zu 600km/h soll das Containertransportsystem Städte verbinden, indem sich die Transport-Kapseln reibungslos mittels eines elektromagnetischen Schwebesystems in einer Vakuum-Röhre bewegen. Die Strecke zwischen Hamburg und Berlin werde in 20 Minuten gefahren werden können, versprechen die Beteiligten. Die HHLA und HyperloopTT arbeiten bereits seit 2018 an dem Konzept „HyperPort“, welches zum ITS World Congress in Hamburg mittels Virtual Reality vorgestellt wurde. 2.800 Container sollen sich damit pro Tag bewegen lassen und somit die Verteilung von Containern aus dem Seegüterverkehr deutlich vereinfacht und beschleunigt werden. Zudem würde der stadtnahe Verkehr deutlich entlastet, da etliche Lkw-Anfahrten entfallen würden.

Quellen: ¹ 2018 „Revision of World Urbanization Prospects“ (United Nations Department of Economic and Social Affairs) / ² „NO2-Grenzwertüberschreitungen 2019/2020“ (Umweltbundesamt) / ³ „A global com- parison of the life-cycle greenhouse gas emissions of combustion engine and electric passenger cars“ (Georg Bieker International Council on Clean Transportation)

 


 

Öffentlicher Verkehr mit 800 km/h?

Hyperloop – schon mal gehört? Wer mehr über diese Technologie erfahren will, die inzwischen den Sprung von der Fantasie Einzelner zu einem technisch realisierbaren Transportmittel der Zukunft geschafft hat, findet spannende Informationen dazu in diesem Interview. MEHR

 

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