Ärzte wollen Digitalisierung mitgestalten

Berlin, 19.04.2018.

Die Ärzte in Deutschland rufen mit Nachdruck nach einer groß angelegten IT-Modernisierung der Krankenhäuser. Zusammen mit der Industrie sollen die klinischen IT-Systeme optimiert werden.

conhIT-Kongress zur conhIT. Bild: conhIT

Während weite Teile der modernen Hochleistungsmedizin ohne modernste IT undenkbar sind, hält die Digitalisierung in den klinischen Einrichtungen auf Versorgungsebene nur langsam Einzug – und dort, wo sie Einzug hält, wird sie oft noch nicht als uneingeschränkt hilfreich empfunden. Das müsse sich ändern, betonte Dr. Franz Bartmann, im Vorstand der Bundesärztekammer zuständig für Telemedizin und Digitalisierung: „Die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen und Krankenhäusern müssen die Digitalisierung als Hilfe bei der Patientenversorgung erleben und verstehen.“
 
Staatliches Investitionsprogramm wird gefordert
Dass es Verbesserungspotenzial gibt, zeigt eine Umfrage, die der Marburger Bund (MB), die Gewerkschaft der Krankenhausärzte, bei seinen Mitgliedern durchgeführt hat und über die MB-Vorstandsmitglied PD. Dr. Peter Bobbert im Rahmen des conhIT-Kongresses berichtete. Über 1700 Ärzte nahmen teil, vor allem Fach- und Oberärzte. Nur 21% sagten, dass sie ihre Einrichtung als „hoch digitalisiert“ erleben würden. Nur 6% gaben an, sich durch die IT-Abteilungen stark unterstützt zu fühlen. Lediglich 29% sagten, dass es genügend Computer gebe. Und nur die Hälfte ist der Auffassung, dass Hardware und Software aktuell seien.
Trotzdem glauben rund 40% der Krankenhausärzte, dass ihre Arbeit durch die Digitalisierung beschleunigt und vereinfacht wird. Und 46% sind der Auffassung, dass die Qualität der ärztlichen Versorgung zunimmt. „Insgesamt sehen 80% die Digitalisierung als eine Chance für die klinische Tätigkeit“, so Bobbert. Der MB leitet aus diesen Ergebnissen ab, dass Ärzte versuchen müssen, die Digitalisierung aktiv zu gestalten, damit das digitale Gesundheitswesen einen positiven Weg nimmt.
 
Zu den Forderungen des MB an die Politik gehört ein großangelegtes Investitionsprogramm für eine adäquate IT-Infrastruktur in den Krankenhäusern. Bobbert bezifferte das Volumen auf 10 Milliarden Euro über sechs Jahre. Zusätzlich müsse gewährleistet werden, dass die Systeme einheitlichen Standards folgen, damit ein Datenaustausch über System- und Einrichtungsgrenzen hinweg möglich wird: „Insellösungen sind abzulehnen“, so Bobbert. Wichtig ist dem MB auch, dass die Digitalisierung nicht nur als Werkzeug für Effizienzgewinne genutzt wird: „Die Digitalisierung muss für Ärzte und Patienten ausgerichtet sein. Sie ist eine Chance, Menschlichkeit wiederzugewinnen, die durch die Ökonomisierung der Medizin in den letzten 20 Jahren verlorengegangen ist.“
 
IT-Checkliste soll Defizite aufdecken und Digitalisierung voranbringen
Um die Digitalisierung speziell der Krankenhäuser besser an den Bedürfnissen der Anwender auszurichten, haben die Ärztegewerkschaft und der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) am Eröffnungstag der conhIT eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Sie zielt darauf ab, eine digitale Checkliste zu entwickeln, mit der Ärzte den digitalen Status quo in ihrer Einrichtung beschreiben und bewerten können.
 
„Die Checkliste soll dazu dienen, Defizite herauszufinden und zu gestalten, damit die digitalisierte Arbeitswelt eines Arztes im Krankenhaus eine gute Gestalt annimmt“, so Bobbert. Im Idealfall wird daraus ein Tool, mit dem der digitale Reifegrad eines Krankenhauses differenziert ermittelt werden kann. „Wir hoffen, bei der conhIT 2019 schon erste Ergebnisse präsentieren zu können“, so Bobbert. Quelle: conhIT

zurück TOP