Verzahnte Logistik- und IT-Prozesse in der Automobilindustrie

Bremen, 27.10.2014.

Die Automobilindustrie schöpft Innovationskraft und Optimierungspotenzial aus der Verzahnung von IT- und Logistikprozessen. Dabei zeigte sich auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin, dass sowohl neue Technologien als auch neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen die Treiber dieser Entwicklung sind.

Sowohl Hersteller als auch Zulieferer in der Automobilindustrie agieren in komplexen Netzwerken. Höchst unterschiedliche globale Märkte und Kundenanforderungen stehen hohe Stückzahlen und umfangreiche Teile-Listen gegenüber. Die Volkswagen AG zum Beispiel verbaut jeden Tag 170 Millionen Teile und beliefert 130 unterschiedliche Märkte. Produziert werden die knapp 10 Millionen Fahrzeuge pro Jahr an 106 Produktionsstandorten.

Ziel: Prozessstandardisierung

Stefanie Hegels, Leiterin Logistikplanung bei der Volkswagen AG, begründet, warum IT und Logistik im Konzern zusammenarbeiten: "Es gibt inzwischen mehr Prozesse im Informationsfluss als im Materialfluss." Auf der Konzernebene entstehen in Arbeitskreisen deswegen Konzepte für die Logistik, die bis auf die Ebene von konkreten Prozessbeschreibungen heruntergebrochen werden. Am Ende stehen standardisierte Fachprozesse in der Logistik, die dann durch die IT umgesetzt werden.

Ziel der Automobilhersteller sind für jedes Werk einheitliche Logistik- und IT-Prozesse. Lokale Standards sollen vermieden werden. Wichtig ist die Skalierbarkeit und Ergonomie der Systeme. Nicht in jedem Werk benötigen die Mitarbeiter die komplette Funktionalität. Deshalb sind die Systeme modular aufgebaut. Um die Arbeitsplätze ergonomisch zu gestalten und die Mitarbeiter nicht mit Informationen zu überfluten, zeigen die Systeme zum Beispiel die nur in diesem Kontext für diesen Mitarbeiter an diesem Arbeitsplatz relevanten Informationen an.

Austausch zwischen IT- und Logistikabteilung

Um diese Komplexität abzubilden, setzen die Hersteller wie Volkswagen auf Standard-Software, die teilweise angepasst wird, und zusätzlich auf anforderungsgetriebene Eigenentwicklung. In der Zusammenarbeit definiert die Logistik die Prozesse. Sie konsolidiert und priorisiert die neuen Anforderungen an die Systeme. Die IT konzipiert die IT-Prozesse und setzt die Lösung um. "Das funktioniert durch intensive Zusammenarbeit", berichtet Lars Bäumann, Leiter IT Kundenauftragsprozess bei der Volkswagen AG. Die geht so weit, dass Mitarbeiter aus der einen Abteilung gezielt in die andere wechseln, um den Austausch und das Prozessverständnis zu fördern.

Auf Seiten der Zulieferer geht es ebenfalls um Standardisierung der Prozesse und mehr Transparenz in der Produktion. Auch hier arbeiten IT und Logistik eng zusammen. Durch den Einsatz von RFID zum Beispiel gelingt es bei der Robert Bosch AG im Werk Homburg im Saarland, materielle und virtuelle Prozesse in Echtzeit zu synchronisieren: Die Buchung im System erfolgt im Moment der Statusveränderung. "Das System liefert in Echtzeit Daten für Entscheidungen", führt Stefan Zähringer aus, Teilprojektleiter Packaging bei der Robert Bosch GmbH.

30 Prozent Bestandsreduzierung

Das Projekt in Homburg ist erfolgreich: Die Milkruns in der Produktion wurden um 10 Prozent reduziert, die Produktivität stieg um 10 Prozent. Durch die Buchungen am Point of Use und die konsequente Umsetzung des Kanban-Systems konnten die Bestände um 30 Prozent reduziert werden. Die Perspektive ist dementsprechend ein Rollout der Lösung in weiteren Werken.

Der Nutzen solcher Kooperationen von Logistik und IT sind Transparenz und Prozessabsicherung. RFID ist dabei nur ein Baustein der Strategie. Von Lean Prozessen geht der Weg über Realtime Analyse zur adaptiven Logistik - und bis zur "predictive logistic". Kennzeichnend für die komplexen und vernetzten Prozesse wie in der Automobilindustrie ist dabei die Vernetzung immer neuer Bereiche: Neben den Logistik- und Produktionssystemen können auch die Gebäudetechnik, Energienetze und medizinisch-ergonomische Daten der Mitarbeiter Teil des Prozesses werden. Logistik und IT sind dabei Treiber für die Industrie 4.0.

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