Intelligentes Gesundheitsnetz spart 10 Milliarden Euro jährlich

Berlin, 15.11.2012.

Im deutschen Gesundheitssystem können durch eine vollständige Vernetzung und Digitalisierung der Prozesse rund 9,6 Milliarden Euro jährlich eingespart werden. Dafür müssten unter anderem die elektronische Gesundheitskarte mit der elektronischen Patientenakte flächendeckend genutzt und Telemonitoring-Systeme breit eingesetzt werden.

Intelligente Gesundheitsnetze legen darüber hinaus die Grundlage für neue Dienstleistungen im Gesundheitssektor, woraus sich zusätzliche Wachstumsimpulse von ca. 2,6 Milliarden Euro pro Jahr ergeben. Der gesamte Nutzen eines intelligenten Gesundheitsnetzes liegt bei über 12 Milliarden Euro pro Jahr. Das ergab eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im Auftrag des BITKOM. Die Studie ist auf dem IT-Gipfel im Vorfeld der Medica vorgestellt worden. Die weltweit führende Medizinmesse wird heute in Düsseldorf eröffnet.

Zwar setzen hierzulande alle Kliniken und Apotheken sowie 90 Prozent aller niedergelassenen Ärzte mittlerweile IT-Systeme ein, jedoch sind diese Systeme kaum miteinander vernetzt. Die Ärzte, Kliniken und Apotheker verarbeiten ihre Daten ihrer Patienten aber jeweils getrennt elektronisch für sich. Die IT-Inseln im Gesundheitssystem sind aus BITKOM-Sicht unwirtschaftlich und die mehrfache Verarbeitung der gleichen Patientendaten birgt Qualitätsrisiken. Die Patientendaten sollten, so der BITKOM, standardisiert und institutionenübergreifend verfügbar werden. Dabei habe der Datenschutz eine herausragende Bedeutung auch für die Akzeptanz bei den Patienten. Ein Rollen- und Rechtemanagement solle sicherstellen, dass die Beteiligten nur die ihnen erlaubten Daten lesen und bearbeiten können. So ließen sich die Privatsphäre der Patienten schützen und Vertrauen in ein intelligentes Gesundheitsnetz schaffen.

Vorbild bei der Vernetzung im Gesundheitsbereich kann Dänemark sein. Dort werden rund 70 Prozent der Kommunikation zwischen den Akteuren wie niedergelassenen Ärzten, Fachärzten, Krankenhausärzten, Krankenkassen, Rehabilitationseinrichtungen usw. elektronisch abgewickelt. In den Arztpraxen dort können laut einer Studie (Spielberg, 2011: „Lücken zwischen Wunsch und Wirklichkeit. E-Health in Europa“) täglich durchschnittlich 50 Minuten an Verwaltungsarbeit eingespart werden, weil der größte Teil des Schriftverkehrs und der Abrechnungen inzwischen digital erfolgt.

Laut der BITKOM-Studie könnten allein durch die elektronische Gesundheitskarte fast 6 Milliarden Euro gespart werden. Die Hauptgründe dafür sind effizientere Abrechnungen, weniger Doppeluntersuchungen und weniger Betrug im Gesundheitssystem. Die elektronische Patientenakte wird die Gesundheitskosten um rund 1,5 Milliarden Euro jährlich senken: Sie verbessert die Kommunikation zwischen den Ärzten, indem sie die Patientengeschichte gebündelt dokumentiert. So wird sichergestellt, dass alle behandelnden Ärzte widerspruchsfreie und aktuelle Informationen über den Patienten und die Therapie haben. Durch Home-Telemonitoring-Systeme zur Beobachtung von Patienten zu Hause können Kosten von rund 2,2 Milliarden Euro jährlich gespart werden. Solche Systeme basieren u.a. auf sensorgestützten Informationen, die in einer zentralen Leitstelle oder einem Gesundheitszentrum überprüft werden. Eine Studie über den lokalen Einsatz solcher Systeme in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien zeigte: Die Zahl der Krankenhauseinweisungen sank um ein Viertel. So müssen dank Ferndiagnose und -Behandlung weniger Patienten nach Operationen erneut ins Krankenhaus eingewiesen werden, zudem können ältere Menschen länger selbstbestimmt in ihrer Wohnung leben.

Zur Methodik: Gegenstand der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) sind die gesamtwirtschaftlichen Effekte, die sich durch intelligente Netze erzielen lassen. Die Berechnungen basieren erstens auf einer Metastudie, in der verfügbare einschlägige Untersuchungen ausgewertet wurden. Zudem wurden Fraunhofer-Experten zur Dynamik in den einzelnen Bereichen befragt. Außerdem sind Bewertungen von Experten eingeflossen, die im Rahmen von Workshops mit dem Münchner Kreis die Voraussetzungen und Effekte intelligenter Netze analysiert haben. Bei den ermittelten Zahlen handelt es sich um fundierte Abschätzungen. 

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