Heldengeschichten: Corona im Grenzgebiet

Der Grenzüberschreitende Rettungsdienst des BRK ist auf einem Grenzbereich von ca. 350 Kilometern aktiv. Bilder: BRK

Furth im Wald, 03.07.2020 (msc).

„Es war und ist eine besondere Situation“, sagt Manfred Maurer über die Corona-Krise. Er ist Projektleiter Grenzüberschreitender Rettungsdienst beim Bayerischen Roten Kreuz mit Sitz in Furth im Wald. Zu dem Gebiet an der bayerisch-tschechischen Grenze gehört der Landkreis Tirschenreuth, ein Hotspot der Corona-Pandemie in Deutschland. So dramatisch war dort das Geschehen, dass der Landkreis sogar zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Covid-19-Studie geworden ist, die noch Ende Mai starten sollte. „Nirgends Normalbetrieb“, so fasst es Maurer sachlich nüchtern zusammen. 

Die Babylon-Software bildet die Fahrzeuge des BRK und des tschechischen Rettungsdienstes ab. Bild: BRK

Das BRK musste ein erhöhtes Einsatzaufkommen aufgrund von „Corona-Transporten“ verkraften, sowohl von Patienten, die noch als Verdachtsfälle galten, als auch von bereits Erkrankten. Schon die Abstimmung der Bundesländer untereinander sei in Zeiten der Pandemie ja nicht einfach, grenzüberschreitend sei es noch mal ein größeres Problem, urteilt Maurer. Corona-Einsätze über die Grenze hinweg habe es aber bislang aufgrund der Reisebeschränkungen nicht gegeben.

Der Grenzüberschreitende Rettungsdienst umfasst einen Grenzbereich von gut 350 Kilometern, eine der längsten deutschen Grenzen. In Bayern nutzen sie für diese Arbeit GPS-Tracker vom TOPLIST-Anbieter ght GmbH zur Standortbestimmung. 25 Fahrzeuge seien mit den Trackern ausgestattet, berichtet Maurer. Auf der tschechischen Seite habe man zuvor nicht gewusst, wo sich die bayerischen Fahrzeuge gerade befanden, und auf die ursprünglich für Rettungsdienste gedachten GPS-Tracker habe man aus Datenschutzgründen nicht zurückgreifen können. „Da wollten wir eine eigene Matrix.“ Damit kann das BRK Maurer zufolge nun die Lokalisation seiner Fahrzeuge sichtbar machen. Demnach hat der Rettungsdienst beispielsweise im tschechischen Pilsen nun die Möglichkeit, zu sehen, wo sich etwa in Tirschenreuth ein Rettungswagen des BRK befindet, und kann im Ernstfall auf den bayerischen Wagen zurückgreifen.

Der Grenzüberschreitende Rettungsdienst des BRK in Furth im Wald nutzt die Telematik des Nürnberger Unternehmens ght GmbH, einem Anbieter der TOPLIST der Telematik – schon seit Jahrzehnten besteht laut Manfred Maurer die Zusammenarbeit.

 

Rettungssituation im Grenzgebiet

Wie so ein Einsatz aussehen könnte, schildert Maurer: Ein bayerischer Langläufer geht im Nachbarland Skifahren und erleidet einen Herzinfarkt. In der tschechischen Leitstelle kann nun ein einheimisches Fahrzeug geordert werden, es kann aber auch überlegt werden, dass es sich offenbar um einen Touristen handelt, der wohl ohnehin in ein deutsches Krankenhaus möchte – dann lässt sich nun prüfen, ob nicht sowieso ein deutscher Rettungswagen näher am Unfallort ist.

Neue Regeln durch Corona-Krise

Mit der Tracking-Lösung von ght nutzt man nun auch eine „Babylon“ genannte Software, die zweisprachig ein- und denselben Bildschirm für bayerische und tschechische Retter anzeigt. In der Corona-Krise gehe es denn auch weniger um Geschwindigkeit, gibt Maurer an, sondern um Fragen der Logistik, etwa wie ein Patient am besten transportiert wird.

Manfred Maurer,

Projektleiter, Grenzüberschreitender Rettungsdienst beim Bayerischen Roten Kreuz. (Bild: BRK)

 

„So unendlich viel Menschlichkeit“

Hilfe und Zuspruch erhalten die Retter vom BRK dabei auf vielerlei Art. „So unendlich viel Menschlichkeit“ habe man erlebt, sagt Maurer. Mit den zahlreichen Nachbarschaftshilfen habe man fast einen „Schritt in die Vergangenheit“ gemacht, als so etwas noch selbstverständlicher war. „Wir haben auch Unterstützung durch Firmen erhalten, Pakete mit Schokolade oder Schutzmasken und auch Spenden. Ich hoffe sehr, dass diese Wertschätzung und Anerkennung keine Eintagsfliege bleibt.“ Nun, da die Phase der Lockerungen begonnen hat, sehen sich Maurer und seine Kollegen gut vorbereitet, wie auch immer es weitergehen mag. „Wir haben viel gelernt, was die Vorbereitung auf eine Pandemie angeht“, auch im Krisenmanagement habe man Erfahrungen gesammelt. „Wir sind gewappnet und sind in Habachtstellung.“

Für die Software, die für den grenzüberschreitenden Einsatz genutzt wird, macht Maurer auch anderenorts Werbung. So hat er schon den staatlichen Rettungsdienst in Frankreich dafür interessieren können, auch die Kollegen in Österreich hätten sich erkundigt.

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