Frühwarnsystem für Epidemien und Luftqualität in Industriegebieten

Hannover, 03.03.2014.

In Europa ist sie so gut wie ausgestorben, in Afrika tötet sie jährlich tausende Menschen. Die Cholera wird als bakterielle Krankheit in erster Linie durch Wasser übertragen. In Uganda untersuchen Forscher deshalb den Einfluss diverser Umweltfaktoren auf Cholera-Epidemien. Dafür entwickelte das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe eine Softwarearchitektur für Frühwarnsysteme, die Umwelt- und Gesundheitsdaten abgleicht und grafisch darstellt.

Im EU-Projekt EO2HEAVEN machen Wissenschaftler die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und unserer Gesundheit sichtbar, um etwa die Ausbreitung von Epidemien zu vermeiden. Bild: Fraunhofer IOSB

Die Forscher messen zum einen mit Sensoren Umweltparameter wie Niederschlag, Sonneneinstrahlung oder pH-Wert, Temperatur und Nährstoffkonzentration im Wasser. Auch Wetter- und Klimaprognosen fließen in die Analyse ein. Zum anderen erfassen sie in Krankenhäusern und bei Ärzten mit mobilen Anwendungen Gesundheitsdaten zu Cholerafällen: Welche Symptome treten auf? Wo hat sich der Patient zuletzt aufgehalten? Diese Daten werden – anonymisiert – auf einen zentralen Server bei der Gesundheitsbehörde in der Hauptstadt Kampala übertragen. Mit Hilfe der neuen Software werden die Fälle nun auf einer digitalen Landkarte als rote Punkte dargestellt und durch die Wechselbeziehung mit den Umweltdaten wird ihre räumliche und zeitliche Ausbreitung aufgezeigt.

"Die Beamten in Uganda haben durch die Visualisierung zum ersten Mal die volle Bedeutung der Choleraausbrüche erkannt. Vorher waren die Einzelfälle nur schriftlich in Listen erfasst worden. Die Entscheider sind nun in der Lage, die medizinischen Ressourcen in den jeweiligen Gebieten besser einzusetzen. Auch Krankenhäuser und Ärzte können sich viel besser und schneller wappnen", erzählt Watson von den Erfolgen des Projekts.

Solche Frühwarnsysteme lassen sich auch in anderen Bereichen sinnvoll einsetzen. Die Wissenschaftler untersuchten im Rahmen des EU-Projekts zwei weitere Fallstudien: In Dresden den Einfluss der Luftqualität – gemessen an Temperatur, Feinstaub und Ozon – auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und im südafrikanischen Durban den Zusammenhang von Luftverschmutzung und Asthmaerkrankungen in einem Industriegebiet.

Langfristig sollen auch Privatpersonen davon profitieren. "Es wäre zum Beispiel vorstellbar, dass Asthmatiker über eine App ihr persönliches Profil anlegen", erklärt Kym Watson. "Dort können sie definieren, ab welchen Schwellenwerten sie etwa allergisch auf Pollenflug oder Luftqualitätswerte reagieren. Werden diese hinterlegten Daten dann mit den aktuell gemessenen Umweltdaten abgeglichen, sieht jeder seine ganz persönliche Gefahrenkarte oder wird von der App gewarnt, wenn die Schwellenwerte überschritten sind."

Streng vertraulich

Das Projekt stellte die Forscher vor so manche Herausforderung: Zum einen ist es vor allem in Deutschland schwierig, die nötigen Gesundheitsdaten bei den Krankenkassen zu erfassen, da sie natürlich streng vertraulich sind. Es ist also wichtig, die Informationen anonymisiert aufzubereiten, um den Datenschutz zu wahren.

Zum anderen ist es nicht immer einfach, die richtigen Maßnahmen aus den aufgezeigten Risiken abzuleiten und tatsächlich umzusetzen. Denn die IT-Lösung bietet nur ein Werkzeug für weitere Entscheidungen. Ob Choleraausbrüche in Uganda tatsächlich eingedämmt werden können, ist natürlich vor allem abhängig von einem schnellen Eingreifen, der Qualität des Trinkwassers, dem hygienischen Umgang und auch den medizinischen Ressourcen.

Im Projekt EO2HEAVEN arbeiten zehn Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der EU sowie drei aus Afrika zusammen, das Budget beläuft sich auf 8,7 Millionen Euro. Das Cholera-Frühwarnsystem realisieren die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und der National Oceanic and Atmospheric Administration NOAA. Derzeit werden noch Sponsoren oder Finanzquellen gesucht, um den breiten Einsatz der Lösung voranzutreiben.

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