GdW 2020 | "Tear down this wall!" - Sektorengrenzen im Gesundheitswesen

Kategorie: 
Kongress
Schwerpunktthema: 
Human-Telematik

Köln, 05.02.2020. Die Gleichbehandlung von Kassen- mit Privatpatienten ist erklärtes Ziel der Großen Koalition. Ein Passus im Koalitionsvertrag legt deshalb fest, dass geprüft mit dem „Gesetz über Kassenarztrecht“ wurde im Jahr 1955 eine strikte Trennung zwischen ambulantem und stationärem Sektor eingeführt – sechs Jahre vor dem Bau der Mauer an der Berliner Sektorengrenze. Die mangelnde Integration zwischen der ambulanten und der stationären Gesundheitsversorgung ist seitdem „eine der zentralen Schwachstellen des deutschen Gesundheitssystems“, so der Sachverständigenrat Gesundheit schon vor Jahren.

Die Berliner Mauer ist seit 30 Jahren bereits Geschichte, aber die Sektorengrenzen im Gesundheitswesen haben bis heute Bestand.

Fehlanreize in der Vergütung führen nach Ansicht von Fachleuten dazu, dass Patienten oft stationär behandelt werden, obwohl es auch ambulant möglich wäre. Ein doppelt vorhandenes Facharztsystem steht ebenfalls im Verdacht, unnötig Ressourcen zu vergeuden. Mangelnde Koordination zwischen Kliniken und Hausärzten führt bisweilen zu unzureichender Versorgungsqualität, wenn der Patient die Sektorengrenze ohne konsequente Betreuung passiert.

Im Mai 2019 legte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Sektorenübergreifende Versorgung“ ein Eckpunktepapier vor. Die sechs Seiten Papier waren nicht nur wenig, sie ließen auch bis dato wesentliche Themen aus, die im Koalitionsvertrag als reformbedürftig benannt waren. Kernpunkte des Papiers sind die Erlaubnis für Kliniken zur ambulanten Versorgung in ländlichen Regionen, eine gemeinsame fachärztliche Versorgung und eine bessere Koordination zwischen Hausärzten und Pflegediensten. Zu den Themen „Koordination zwischen Haus-und Fachärzten“, „Belegarztwesen“ und „Schnittstellen zwischen Leistungserbringern“, die Teil des Auftrags waren, sagt das Papier nichts.

Der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrates kritisierte, dass Integrierte Versorgung im Eckpunktepapier keine Rolle spiele. Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen monierte: „Vieles bleibt in Ansätzen stecken, ohne die erwarteten notwendigen Lösungen zu generieren.“ Die Eckpunkte böten keine Ansatzpunkte zur übergreifenden Zusammenarbeit, heißt es vom AOK Bundesverband, im Gegenteil: „Das sektorale Nebeneinander bleibt so nicht nur erhalten, sondern wird sogar um einen neuen ambulanten Bereich am Krankenhaus ergänzt, der Flickenteppich wird weiterentwickelt.“

Die Barmer Krankenkasse publizierte im April 2019 eigene Vorschläge zur Überwindung der sektoralen Spaltung. Neben einer einheitlichen Vergütungssystematik fordert die Kasse darin eine am Versorgungsbedarf orientierte Leistungs- statt einer Kapazitätsplanung – festzulegen von neu zu schaffenden Gremien in den Bundesländern. Regionale Versorgungsverbünde, in denen sich etwa Kliniken, MVZs, Arztpraxen und Rehaeinrichtungen zusammentun, sollen gefördert werden.

Das Thema "'Tear down this wall' - Welche Konzepte zur Überwindung der Sektorengrenze taugen was?" diskutieren auf dem Gesundheitskongress des Westens: Dr. Dirk Spelmeyer, 1. Vorsitzender Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, Heiner Beckmann, NRW-Landesgeschäftsführer der Barmer, Dr. Patricia Ex, Geschäftsführerin, Bundesverband Managed Care e.V. und Dr. Dirk Albrecht, Vorsitzender der Geschäftsführung der Contilia GmbH.

Der Gesundheitskongress des Westens ist der führende Kongress für Gesundheitspolitik und Gesundheitswirtschaft im Westen Deutschlands. Auch in diesem Jahr werden wieder rund 1.000 Teilnehmer erwartet – vor allem Klinikmanager, Ärzte, Verantwortliche aus Gesundheitspolitik und -unternehmen, aus Forschung und Wissenschaft sowie der Pflege. Die vierzehnte Auflage der jährlich ausgerichteten Veranstaltung findet wieder im Herzen von Köln, im Gürzenich, statt.

Quelle: WISO S. E. Consulting GmbH

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