EU-Forschungsprojekt: Höhere Reichweite und Sicherheit von Elektrofahrzeugen

Prototyp eines MotorBrain-Elektromotors. Bild: ZF Friedrichshafen AG

Bremen, 10.12.2014.

Elektrische Antriebe kleiner, leichter, effizienter und sicherer gestalten – mit dieser Zielsetzung starteten vor drei Jahren Forscher aus neun europäischen Ländern das von der Europäischen Union geförderte Projekt MotorBrain. Im Forschungs- und Entwicklungszentrum des Technologiekonzerns ZF Friedrichshafen AG präsentierten sie nun die Ergebnisse: hochintegrierte Elektroantriebe, die die wichtigsten Bestandteile des Antriebsstrangs für Elektrofahrzeuge vereinen und zudem ohne Seltene Erden auskommen.

Prototyp eines MotorBrain-Elektromotors. Bild: ZF Friedrichshafen AG

Die entwickelten Prototypen sind außerdem mit hoher Funktionalität ausgestattet. Erdacht und konstruiert wurden die E-Antriebe von 30 Partnern des europäischen Forschungsprojekts MotorBrain unter der Führung von Infineon Technologies. Die deutschen Partner sind Siemens, die Technische Universität Dresden mit ihrem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik sowie ZF.

Den Forschern ist es gelungen, sehr kompakte Elektromotoren zu konstruieren, die bis zu einem Viertel kleiner gegenüber vergleichbaren E-Maschinen ausfallen. Die neu entwickelten Prototypen hätten teils sogar bequem in einer handelsüblichen Laptop-Tasche oder einem Notebook-Rucksack Platz. So konnte etwa durch die Integration von Motor, Getriebe und Leistungselektronik das Gewicht der Antriebseinheit um rund 15 Prozent gesenkt werden. Weniger Größe und Gewicht bringen deutliche Vorteile: durch das geringere Gesamtgewicht steigen Reichweite oder Zuladung von Elektrofahrzeugen. Ein Kompaktfahrzeug mit MotorBrain-Elektromotor und einer Leistung von 60 Kilowatt könnte so bis zu 40 Kilometer weiter fahren als heutige E-Fahrzeuge. Dabei ist diese Antriebstechnik nicht nur für Klein-, Kompakt- oder Mittelklassefahrzeuge denkbar, sondern auch in Versorgungs- und Arbeitsfahrzeugen im städtischen Bereich.

Die MotorBrain-Prototypen kommen zudem ohne Seltene Erden aus, die derzeit ein wesentlicher Kostentreiber in Hybrid- und Elektrofahrzeugen sind. Seltene Erden sind heute ein wichtiger Bestandteil in den Dauermagneten eines jeden Elektromotors. Sie erzeugen ein besonders starkes konstantes Magnetfeld. Je stärker das Magnetfeld ist, desto drehmomentstärker ist auch der Motor. Allerdings ist die Förderung Seltener Erden äußerst aufwändig und umweltbelastend. Ihre Preise sind hoch und schwanken stark. Deshalb setzen die MotorBrain-Elektromotoren auf Ferrit-Magnete, die gut verfügbar und preiswerter sind, oder verzichten durch ihr Maschinenprinzip ganz darauf.

Aber nicht nur bei Hardware, auch bei Software konnten zum Teil weitreichende Fortschritte erzielt werden. Fehlertolerante Sicherheitsstrukturen darzustellen, stellt insbesondere unter  Berücksichtigung der Ende 2011 in Kraft getretenen ISO 26262 („Road vehicles – Functional safety“) eine hohe Anforderung an die Rechnerleistung. Die ISO 26262 ist eine Norm für sicherheitsrelevante elektrische/elektronische Systeme in Kraftfahrzeugen. Neben den aufwändig umzusetzenden Softwareprozessen sind die Anforderungen des im Projekt erstellten, ISO-konformen Sicherheitskonzeptes besser mit parallelen Rechnerkernen zu erreichen. Infineon hat dazu die neue Rechnergeneration Aurix entwickelt, dem Projekt zur Verfügung gestellt und auch weiterentwickelt. Die Parallelstruktur des neuen Prozessors wurde für die komplexe Regelung der elektrischen Maschine optimal ausgenutzt, um so neben den Sicherheitsaspekten auch eine bestmögliche Laufzeit der Algorithmen zu erzielen.

Auf dem Gebiet der Energiespeicher kann MotorBrain ebenfalls Erfolge vorweisen: Zum einen wurde eine neue Zellchemie für Lithium-Ionen Zellen entwickelt und als Prototyp dargestellt, um die bisher nur schwer darstellbare Kombination von hoher Leistung mit hohem Energieinhalt in einer Zelle zu erreichen. Zum anderen wurde ein neuartiger Ansatz mit einem Batteriemanagement-System bis zur Prototypenreife entwickelt, der es erlaubt, modular einheitliche Elektronik direkt an die Zelle zu bringen und gleichzeitig die galvanische Entkoppelung sicherzustellen.

Hochintegrierte Ansätze erfordern außerdem neue Wege bei der Sensorik. Dazu wurden neuartige Winkel-, Drehmoment- und Stromsensoren entwickelt, die bei hoher Präzision ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen. 

 
Quelle: ZF Friedrichshafen AG

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