Eye-Tracking-Experiment: Lernen, wie gelähmte Menschen sehen

Geretsried, 27.01.2016.

Unsere Fähigkeit, sich täglich erfolgreich in unserer Alltagsumgebung zu bewegen, stützt sich überwiegend auf Informationen, die wir über die Augen erhalten. Das kanadische Forscherteam des „International Collaboration on Repair Discoveries“ (ICORD) wollte verstehen, wie Menschen mit Rückenmarksverletzung ihr Sehvermögen nutzen, während sie Hindernisse überqueren. Ein wesentlicher Faktor bei diesem Projekt war der Einsatz eines Eye-Trackers, der die ohnehin eingeschränkten Menschen allerdings nicht noch zusätzlich in ihrer Mobilität belasten sollte. 

Auf Grund seines geringen Gewichts und bequemen Tragekomforts kam deshalb ein Modell des im Raum München ansässigen Technologieunternehmens Ergoneers zum Einsatz. Die Ergebnisse der Studie wurden mit der Software-Plattform D-Lab von Ergoneers ausgewertet und zeigen, dass Menschen mit Rückenmarksverletzung eindeutig mehr auf ihre Sehkraft angewiesen sind, gerade wenn sie Hindernisse überwinden. Diese Erkenntnisse helfen den Forschern beispielsweise bei der Entwicklung von Rehabilitationsprogrammen für teilgelähmte Menschen.

Menschen mit Rückenmarksverletzung leiden oft unter einer teilweisen oder vollständigen Lähmung. Für die Mehrzahl der Betroffenen mit einer Teillähmung besteht jedoch die Möglichkeit, ihre Gehfunktion zu verbessern, vorwiegend durch intensive Rehabilitation. Die Spezialisten des ICORD, ein interdisziplinares Zentrum und Teil der University of British Columbia, widmen sich in ihrer Forschung der Förderung von Prävention, funktioneller Genesung und verbesserter Lebensqualität für Menschen mit einer so genannten Spinal Cord Injury (SCI) oder auf deutsch Rückenmarksverletzung. Im Rahmen von ICORD entwickelt man im Labor innovative Strategien, die zu dauerhaften Verbesserungen der Gehfunktion nach einer Rückenmarksverletzung hinsichtlich Ausdauer und zurückgelegter Strecke beim Gehen führen sollen.

Da sich unser Gehirn beim Bewegen vorwiegend auf visuelle Informationen stützt, wollten die Forscher aus Vancouver anhand der Blickbewegungen von SCI-Patienten herausfinden, wie sie ihr Sehvermögen nutzen, während sie sich um Hindernisse herum bewegen und sie überwinden. Ein entscheidender Faktor war hier der verwendete Eye-Tracker. Denn dieser sollte die ohnehin schon in ihrer Mobilität begrenzten Menschen nicht noch zusätzlich einschränken.

Leichter und mobiler Eye-Tracker von Ergoneers

Der vom bayrischen Technologieunternehmen Ergoneers entwickelte Eye-Tracker Dikablis war wegen seines geringen Gewichts und aufgrund seines bequemen Tragekomforts daher von Vorteil.

„Bei der Durchführung einer Eye-Tracking-Studie kann sich jeder noch so kleine Störfaktor wie etwa zusätzliches Gewicht am Kopf auf die Studienergebnisse auswirken, da dies nicht die Realbedingungen widerspiegeln würde“, erklärt Günter Fuhrmann, Chief Operating Officer bei der Ergoneers GmbH.

SCI-Patienten stark von Sehkraft abhängig

Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit einer Rückenmarksverletzung während des Gehens eindeutig mehr auf ihre Sehkraft angewiesen sind, gerade wenn sie Hindernisse überwinden. Darauf deutet die größere Anzahl an Blicken sowie die höhere Blickdauer auf das jeweils zu überquerende Hindernis hin. Diese Ergebnisse bestimmen zu können, hing außerdem stark von der durchgängigen genauen Pupillenerkennung während der Studie ab. Die ebenfalls von Ergoneers entwickelte Mess- und Analyseplattform D-Lab hat den Forschern die Datenerfassung erleichtert, insbesondere durch das aktualisierte Pupillenerkennungssystem in der neuesten D-Lab Version der Software.

D-Lab erleichterte zudem die Definition der so genannten „Area of Interest“ innerhalb der Umgebung, um die erforderlichen Blickparameter zu berechnen. Als „Area of Interest“ (AOI) bezeichnet man im Eye-Tracking einen vom Studienleiter festgelegten Zielbereich, beispielsweise einen bestimmten Gegenstand. Mithilfe mehrerer zuvor definierter AOIs kann der Forscher nun anhand der Blickdaten herausfinden, inwieweit die vermuteten Areas of Interest mit dem tatsächlichen Blickverhalten übereinstimmen. Im Fall der ICORD-Studie bildeten die zu überquerenden Hindernisse die AOIs.

Ergoneers – selbst aus einem Spin-Off der TU München entstanden - lieferte nicht nur die passende Soft- und Hardware, sondern stand den Forschern des ICORD-Projekts bei der Konfiguration des Eye-Trackers auch beratend zur Seite.

„Das Support-Team von Ergoneers war ein bedeutender Faktor bei unserer Entscheidung das Ergoneers-Produkt zu kaufen“, sagt Tania Lam, Associate Professorin der University of British Columbia. „Gerade in Anbetracht dessen, dass wir keinerlei Erfahrung mit Blickverhaltensstudien hatten, waren wir dankbar für den hervorragenden Support durch das Ergoneers-Support-Team.“

 

Quelle: Ergoneers GmbH

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