Smart Building: Digitalisierung der Inhouse-Bewegungen und -Prozesse

Telematik ist das Nervensystem der Digitalisierung und findet sich auch im Smart Building. Bild: Pixabay

Hamburg, 30.01.2020 (pkl).

Gebäude-Vernetzung bereits in der Bauphase / Biometrische Zutrittskontrolle erhöht Sicherheit / Analyse von Besucherströmen / Einzug von Service-Robotern

Service-Roboter bewegen sich zunehmend in den Empfangsbereichen. Bild: Alex Knight/Pexels

Telematik vernetzt als Nervensystem der Digitalisierung nicht nur den Transport auf der Straße, die Lagerlogistik oder die Produktion. Sie geht weit darüber hinaus. Doch die Wirkung dieser Technologie ist nahezu immer die gleiche: Arbeitsaufwand reduzieren, Kosten sparen und Transparenz erhöhen. Vorteile, die auch bei der Vernetzung von Gebäuden hochinteressant sind.

Das Smart Building beginnt noch, bevor es überhaupt steht. Weniger kryptisch gesprochen: mit „Building Information Modeling“ – kurz BIM. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um eine vernetzte Bauplanung zwischen allen Beteiligten. Jede Änderung oder Ergänzung synchronisiert sich für alle Teilnehmer direkt und ermöglicht so einen umfassenden Überblick auf das gesamte Bauprojekt. Insbesondere bei der Kosten- und Zeitplanung profitiert man enorm von diesem System. Neu ist die Technologie jedoch nicht, denn in verschiedenen Ländern weltweit ist BIM schon nahezu Standard.

In Deutschland nutzen laut einer Studie¹ von PricewaterhouseCoopers ca. elf Prozent der Unternehmen diese Technologie. Insbesondere durch Projekte wie die Elbphilharmonie oder den Flughafen BER ist BIM doch mittlerweile auch in Deutschland auf großes Interesse gestoßen – insbesondere seitens der Bundesregierung.

Türsteher spricht binär

Wesentlicher Bestandteil von Smart Buildings ist zumeist die Zutrittskontrolle. Lösungen mit ID-Karten sind hinlänglich bekannt, technologisch jedoch veraltet. Wesentlich einfacher wird es, wenn man sich der NFC-Technologie bedient, die hierfür wie geschaffen wirkt. Die Erkennung erfolgt auf sehr kurze Distanzen, erfordert keine zusätzlichen ID-Karten oder Chips und lässt sich – vorausgesetzt, man ist im Besitz eines NFC-fähigen Smartphones – äußerst flexibel steuern. In Echtzeit lassen sich over-the-air Berechtigungen erteilen, erweitern oder löschen. NFC überträgt auf etwa zehn Zentimetermit einer Geschwindigkeit von maximal 424 kBit/s. Nicht viel, für kurze Befehle aber hervorragend geeignet. Zudem ist NFC auch mit RFID kompatibel. Bekannt geworden ist die Technologie primär durch mobile Zahlvorgänge, ist jedoch ebenfalls in der Logistik beheimatet und dient beispielsweise zur Authentifizierung an Postboxen.

Die angeborene Unterschrift

Teilweise steht NFC in puncto Sicherheit noch in der Kritik. Bei hochkritischen Anwendungen bleiben jedoch auch andere Möglichkeiten. Prominentestes Beispiel: der Fingerabdruck. Biometrische Scanner sind zur Zutrittskontrolle mittlerweile erschwinglich und identifizieren zuverlässig den Nutzer. Alternativ zum Fingerabdruck lassen sich Personen auch anhand von Netzhautscans oder Handvenenerkennung identifizieren. Gesichtserkennung ist ebenfalls möglich, jedoch gibt es hierbei wie bei NFC zum Teil Sicherheitsbedenken.

Bin da, wer noch?

Besucher zu erkennen dient nicht nur der Sicherheit, es lassen sich zudem Bewegungen im Gebäude nachvollziehen. So führen anonym erfasste Bewegungsdaten beispielsweise im Einzelhandel dazu, Bereiche identifizieren zu können, die vom Besucher selten angesteuert werden oder um allgemeine Besucherströme zu erkennen und zu steuern. Marktwissenschaftlich sind solche Daten natürlich enorm wertvoll.

Erhöhung der Personensicherheit

Das Smart Building erfasst aber auch Daten im Zuge der Personensicherheit. So lassen sich Böden mit Sensoren zur Sturzerkennung ausstatten, was insbesondere in Pflegeinrichtungen von Relevanz ist. Die Personal-Knappheit im sozialen Sektor führt dazu, dass bestimmte Bereiche digitalisiert und automatisiert werden müssen. In diesem Zusammenhang erkennen Lösungen der Immobilien-Telematik automatisch das Betreten und Verlassen des Gebäudes oder ermöglichen im Notfall auch die Indoor-Ortung von Personen.

Eine ähnliche Positionsbestimmung findet im Einzelhandel statt, als location-based Service. Systeme erkennen den Besucher anonym und senden, sofern erlaubt, Push-Nachrichten mit Werbung oder konkreten Angeboten, um so die Aufmerksamkeit zu erhöhen.

Größer gedachtes Smart Home

Die Steuerung von beispielsweise Licht und Heizungen ist im Smart Home mittlerweile hinlänglich bekannt. Im Smart Building hingegen werden komplette Anlagen digital erfasst. Voraussetzungen dafür bestehen spätestens seit der 1993 erfolgten Einführung der DIN 276 als Gewerk im Bauwesen zur Gebäudeautomation. Die Vernetzung gestattet dann zum Beispiel:

  • Steuerung von Licht, Klimaanlagen, Lüftung und Wärme
  • Erfassung, Dokumentation und Optimierung des Energieverbrauchs
  • Kontrolle und Türsteuerung im Bereich Brandschutz
  • Überwachung und automatisierte Alarmierung als Schutz vor Einbrüchen
  • Wartung technischer Anlagen

 

Einzug der Service-Roboter

Auch die Robotik betritt zunehmend das Smart Building. Insbesondere Service-Roboter bewegen sich in den Empfangsbereichen, beantworten Fragen und führen durch das Gebäude. Durch entsprechende Schnittstellen nutzen sie sogar Aufzüge², ohne dabei – 3D-Scans sei Dank – Insassen zu bedrängen. Das ermöglicht Transportaufgaben über alle Etagen, wie sie unter anderem in der Hotellerie, Gastronomie oder in der Pflege benötigt werden.

Der Mensch fehlt

Die Möglichkeiten des Smart Buildings sind zahlreich, dennoch selten umgesetzt. Eine der größten Ursachen dafür ist schlichtweg der Mangel an qualifiziertem Personal³, der derzeit viele Branchen betrifft und ein enormes Hindernis für den Fortschritt darstellt. Insbesondere werden hierfür entsprechend ausgebildete Handwerker benötigt, die eine Brücke zwischen klassischem Handwerk und IT-Installation schlagen müssen. Die Komplexität der Lösungen und teilweise mangelhafte Interoperabilität zwischen verschiedenen Technologien hemmt häufig die tiefgreifende Vernetzung von Gebäuden. Ein Umstand, der sich nach dem Gartner Hype Cycle 20184 in den nächsten fünf bis zehn Jahren jedoch bessern soll, wodurch das Smart Building auch im Massenmarkt ankommen könnte.

Quellen: ¹ „Baubranche aktuell | Wachstum 2020 – Digitalisierung und BIM“ PricewaterhouseCoopers GmbH / ² www.thyssenkrupp-elevator.com/en/newsroom/press-releases-97536.html / ³ statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Fachkraeftebedarf-Stellen/Fachkraefte/BA-FK-Engpassanalyse.pdf / 4 https://www.gartner.com/smarterwithgartner/5-trends-emerge-in-gartner-hy... ycle-for-emerging-technologies-2018 / „Smart Buildings im Internet der Dinge“ von Anne-Caroline Erbstößer, Technologiestiftung Berlin

zurück TOP