Die Datenhoheit bei der Digitalisierung in der Automobilbranche

Henndorf am Wallersee (Österreich), 30.03.2016.

Die gesamte Automobilindustrie steht vor der Herausforderung nutzenorientierte Services und neue Geschäftsmodelle im Rahmen der Fahrzeugvernetzung zu schaffen. Diese Digitalisierung bietet der Automobilindustrie die strategische Chance als „der vertrauenswürdige Anbieter“ in vielen Mobilitätsthemen richtig Fuß zu fassen. Wäre da nicht die Frage, wer die Hoheit der im und vom Auto produzierten Daten hat. Gerade im Schatten des Abgas-Skandals wird diese Frage immer häufiger und sehr emotional diskutiert denn das Vertrauen der Endverbraucher wurde durch die Geschehnisse teilweise bereits enttäuscht.

(Beitrag von Raimund Wagner, CEO der Carsulting e.U.:)

Die fortschreitende Vernetzung macht auch vor dem Auto nicht halt. Die Geschäftsmodelle der gesamten Automobilbranche müssen auf die Digitalisierung neu ausgerichtet werden. Der Focus und damit auch die Wertschöpfung verschieben sich von der Hardware in Richtung Software und neue Mobilitätsservices. Basis dafür sind überwiegend Daten die im und vom Auto produziert werden. Problematisch bei dieser Entwicklung ist die Möglichkeit der permanenten unkontrollierten Datenübertragung von Fahrzeugdaten an den Fahrzeughersteller. Angesichts des nicht enden wollenden Abgas-Skandals ist es nicht besonders verwunderlich, dass laut aktueller FIA-Studie (Dachverband der Automobilbranche) über 75% der Autobesitzer selbst bestimmen wollen, wie lange und von wem auf Fahrzugdaten zugegriffen wird.

Die Nachwirkungen des Abgas-Skandals

Die Automobilindustrie mit ihren Werkstätten und Händlern als Sperrspitzen genoss bis vor kurzem das bei weitem höchste Vertrauen ihrer Kunden. Nach dem eklatanten Fehlverhalten im Rahmen des Abgas-Skandals – ein Ende ist, wie die nahezu täglichen Meldungen zeigen, noch lange nicht in Sicht – steht die Automobilindustrie speziell beim Schutz der Daten aus den Fahrzeugen auf dem Prüfstand der Kunden. Um einen weiteren vernichtenden „Image-Gau“ zu vermeiden müssen die Automobilhersteller auf Ihrem Weg zu Mobilitätsanbietern den Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte aktiv angehen. Es muss dabei nicht nur die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung ab 2018 Berücksichtigung finden, vielmehr sollte der Schutz der Persönlichkeitsrechte auch als Chance zur eindeutigen Differenzierung zu den IT-Giganten wie Apple, Google und Co erkannt werden.

Neue Chancen mit neuen Geschäftsmodellen

Das heute vernetzte und übermorgen autonome Fahrzeug eröffnet der Automobilbranche vollkommen neue Geschäftsmodelle und Services. In dieser neuen Ära, in der die Transformation der individuellen Mobilität und der gesamten Branche aktiv gestaltet und nachhaltig geprägt werden kann, müssen die Autohersteller strategische Beziehungen mit Software-Lieferanten aber auch mit dem direkten Mitbewerb aufbauen. Nur durch die Zusammenarbeit kann die hohe Komplexität des Themas bewältigt werden. Elementar dabei ist die Wahlfreiheit für den Autobesitzer, wem und wie lange und mit welchem Nutzen er definierte Daten aus dem Fahrzeug zur Verfügung stellen will. Nur so kann das Vertrauen der derzeit sehr enttäuschten sowie irritierten Kunden wieder gewonnen werden.

Ganzheitlicher Ansatz ist notwendig

„Der Markterfolg kann nur mit einer durchgängigen und ganzheitlichen Vernetzungsstrategie im Unternehmen quer über alle Hierarchiestufen entscheidend beeinflusst werden.“ ist Raimund Wagner, Geschäftsführer von Carsulting überzeugt. „Die hohe Bedeutung einer aktiven Einbindung von Verkauf, Service, Kundendienst bis hin zu den Dienstleistungsbereichen darf dabei nicht unterschätzt werden. Und – der Kundennutzen sowie der Datenschutz müssen klar im Vordergrund stehen!“ führt er weiter aus. Laut einer Studie von Statista in 2015 sind 67% der Kunden bereit, beim Kauf eines vernetzten Autos die Marke zu wechseln wenn ein überzeugender Nutzen geboten wird!

Kommunikation an Endkunden muss neu konzipiert werden

Zukünftig werden Dienstleistungen beim Autofahren für die Verbraucher eine viel wichtigere Rolle spielen als die Technik unter der Haube. Dies wurde auch von den Teilnehmern eines von Carsulting im März 2016 durchgeführten Inhouse-Unternehmens-Seminars „Der vernetzte Fuhrpark – Chancen, Risiken und Lösungsansätze“ so bestätigt. Neue Mobilitätskonzepte und Technologietrends wie Vernetzung, Automatisierung und Gemeinschaftlichkeit werden generell bereits stärker wahrgenommen. Weitergehende Überlegungen in Richtung Predictive Services, Corporate Carsharing oder auch die aktive Einbindung in das Workforce-Management zur Nutzung im Rahmen der Einsatzsteuerung in Unternehmen sind in Diskussion. Die Fuhrpark-Verantwortlichen sind jedoch noch zurückhaltend nachdem bei den datengetriebenen Geschäftsmodellen der Automobilhersteller nicht nur die Datenhoheit für das Unternehmen nicht gewährleistet ist, sondern auch der Schutz der Persönlichkeitsrechte von den Betriebsräten vehement eingefordert wird.

 

Quelle: Carsulting e.U.

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